Ulrich Phillipp – Kontrabass (als Gast bei der Improvisation)
spielen
Karlheinz Stockhausen : Kontakte (1958-60)
Improvisation: Spiegelung
Antoine Chessex : Geschichten der Gewalt (Kompositionsauftrag 2023)
Mit der Komposition «Kontakte» legte Karlheinz Stockhausen 1960 grundlegende Impulse zur Entwicklung der neuen Musik. Hierin stellte er sich der Herausforderung einer Verschmelzung elektronisch und akustisch erzeugter Klänge. Diese Innovation sollte später in unterschiedlichste Produkte der elektronischen Klangerzeugung einfließen. Es handelte sich um die kompositorische Anwendung von Kategorien anstelle von einem «starren» Instrumentalklang: Metallklang – Fellklang – Holzklang. Sie werden auf Geräusche wie auf Tonmaterial angewendet. In der ursprünglichen Version von «Kontakte», wurden die Klänge rein elektronisch erzeugt. Die spätere Fassung, welche in diesem Projekt zur Aufführung kommt, sieht zwei Instrumentalisten plus Elektronik vor. Dabei trifft das traditionelle Instrumentarium auf die Welt der elektronisch erzeugten Klänge und verbindet sich damit. Das führt zur Verschmelzung, zu Farbenreichtum und Klangvielfalt. Die Komposition ist konzipiert als ein Prozess der Klangwandlung mit feinen Übergängen. Dieser Umgang mit Raum und Zeit, dem Halten von Spannung, bildet für uns Interpretierende die Faszination dieses Werkes.
«Kontakte» will eine Spannung erzeugen, die bis zum Schluss hält. Stockhausen nennt dies «Momentform» und meint damit eine Musik, die beginnt und wieder aufhört. Eine Musik, in der allein das Gegenwärtige zählt und in deren Verlauf auf keiner Ebene eine Richtung feststellbar ist.
Musikalischer Brückenschlag
Im Programm enthalten ist zudem die freie Improvisationen mit dem Titel «Spiegelung». Als Künstlerin und Künstler mit langer Erfahrung in freier Improvisation ist es uns wichtig, Stockhausens Komposition mit dem zeitgenössischen Teil und dee Improvisation zu verbinden. Die für dieses Projekt entstandene Komposition des in der Schweiz geborenen Komponisten Antoine Chessex, bildet dabei einen Brückenschlag zwischen den frühen Phasen der elektronischen Musik und der Avantgarde des 21. Jahrhunderts.
Gedanken von Antoine Chessex zu «Geschichten der Gewalt»: „Now if we think that our whole lives are built on lying – they are strange buildings – we should try and write as our dreams teach us; shamelessly, fearlessly, and by facing what is inside very human being: sheer violence, disgust, terror, shit, invention, poetry“. Hélène Cixous, L‘ Ange au Secret, 1991
Links
Judith Wegmann: https://www.judithwegmann.ch
Jens Ruland: https://jensruland.ch
Robert Torche: https://rottor.weebly.com
Antoine Chessex: http://www.soundimplant.com/achessex
Ensemble: https://new2art.ch/
Trailer KON.TAKTE: https://www.youtube.com/watch?v=TfqsXT4Z4Q4
BIOGRAPHIEN
Judith Wegmann
Die Pianistin, heute wohnhaft in Biel, ist im Kanton Zug geboren und aufgewachsen und begann im Alter von 6 Jahren mit dem Klavierspiel. Mit 16 Jahren studierte sie an der Jazz Schule Luzern bei O. Truan und R. Domeniconi und an der Swiss Jazz School Bern bei E. Brockhaus und setzte sich während 6 Jahren intensiv mit dem Jazz und der Improvisierten Musik auseinander. Danach absolvierte sie das klassische Musikstudium in Luzern und Neuchâtel bei E. Serman und S. Deferne, wo sie ihre Studien im Hauptfach mit der Abschlussnote „sehr gut“ beendete. Weitere Studien im klassischen Repertoire folgten bei den Professoren S. Risler, K.-A. Kolly, T. Schabenberger und G. Vila. Sie besuchte Meisterklassen in der Schweiz, Frankreich und Österreich.
2014 beendete sie einen weiteren Masterstudiengang bei den Professoren F. Frith und A. Zimmerlin an der Hochschule für Musik in Basel. In dieser Zeit setzte sie sich neben der freien Improvisation auch intensiv mit der Neuen Musik auseinander, wo sie ihr Wissen bei zahlreichen Professoren weiter vertiefen konnte.
Als klassische Pianistin und Kammermusikerin gibt sie regelmäßig in verschiedenen Formationen Konzerte. Als genre-übergreifende Pianistin setzt sie sich in Projekten sowohl mit klassischer Musik und Neuer Musik als auch der Improvisation auseinander. Jahr für Jahr entwirft und konzipiert sie neue Konzertprogramme mit unterschiedlichen Besetzungen und trägt deren Verantwortung, bis sie zur Aufführung gelangen. Ihre Projekte wurden sowohl in der Schweiz als auch im Ausland aufgeführt. Z.B. Kollaboration mit Alexandre Caldara; „Bach, Schumann et l’ombre de Nico“(F/CH 2006/2008) oder die Performance-Reihe mit Claudia Bucher (09/10). Ein wichtiger Aspekt ihres Schaffens ist die spartenübergreifende Arbeit. Die Zusammenarbeit mit Komponisten und Kunstschaffenden aus den Bereichen visuelle Kunst und Literatur eröffnet immer wieder neue Perspektiven, wie in „Schwarzberg“ einer musikalischen Lesung mit Arno Camenisch und den Auftragswerken des Schweizer Komponisten Werner Bärtschi (*1950).
2013 wurde sie für zwei Monate von der Kunsthalle Basel für die Schweizer Uraufführung von „Songs for a mad King“ des afroamerikanischen Komponisten Julius Eastman engagiert. Im gleichen Jahr war sie mit der Sopranistin Daniela Braun für ein interaktives Opernprojekt an der jungen Bühne des Theaters Biel-Solothurn tätig.
2011 und 2015 erhielt Judith Wegmann den Förderpreis des Kantons Zug für ihr freies künstlerisches Schaffen. Sie gründete das New4Art Ensemble, das 2014/15 auf Tournee war und für das sie einen Werkbeitrag der Stadt Biel erhielt. Weitere Werkbeiträge erhielt sie von der Stadt Biel 2015 und 2016 für eigene Kreationen. In den letzten Jahren beschäftigt sich die Pianistin künstlerisch intensiv mit dem Thema Zeit – mit allen Facetten, die diese Fragestellung beinhaltet und konzipiert verschiedenste Projekte, die diesem Thema auf den Grund gehen. Ebenso befasste sie sich intensiv mit allen späten Werken von Feldmans Musik und führte sie in den vergangenen Jahren auf.
Ende 2019 spielte sie das Solowerk «Triadic memories» ein, das 2020 veröffentlicht wird. «Ich setze mich seit Jahren aus künstlerischem Aspekt mit dem Thema Zeit auseinander. Bei Performances von extremer Länge wollte ich sehen, was mit mir, dem Raum und dem Körper passieren.» Daraus resultierten verschiedene Projekte, wie das international beachtete Solo-Album «le souffle du temps» das 2017 bei HatHut records erschienen ist.
Judith Wegmann: «Hierin geht es um das Erleben von Zeit, Vergänglichkeit, Vergehen und Neuentstehen, was alles Zeitaspekte sind. Natürlich mit der Geschichte des jeweiligen Lebens verbunden.» (Interview ZZ 2019).
2019 realisierte die Pianistin mit „le souffle du temps II – Réflexion“, ein weiteres solistisches Projekt mit sieben Auftragswerken von Schweizer Komponisten und einer Tournee, die sie quer durch Europa führte. Woraus ihre zweite Soloeinspielung resultierte und 2020 ebenso bei HatHut erschien.
Seit 2015 ist sie Vorstandsmitglied der Werkstatt für freie Improvisierte Musik in Bern (WIM Bern) und seit Mai 2020 als Präsidentin tätig. 2021 wurde sie mit dem renommierten Preis „Zuger Werkjahr“ ausgezeichnet.
Jens Ruland
Jens Ruland wohnhaft in Twann (BE), studierte von 2007 bis 2012 bei Carlos Tarcha an der HfMT Köln Schlagzeug und schloss das künstlerische und pädagogische Diplom mit Auszeichnung ab. Danach vertiefte er seine Studien an der Musikhochschule Basel bei ChrisIan Dierstein und erhielt ein Diplom mit Auszeichnung.
Er war bei zahlreichen Uraufführungen vertreten und spielte unter anderem mit Ensembles wie Ensemble Musikfabrik, Ensemble Recherche, Ensemble Resonanz, Schlagquartez Köln, Ensemble Proton oder Klangforum Wien. Die Arbeit in verschiedensten Ensemble- und Kammermusik Formationen brachte ihn u. a. mit den Komponisten Georg Friedrich Haas, Rebecca Saunders, Georges Aperghis, Enno Poppe, Carola Bauckholt, Michael Maierhof, Pierluigi Billone und Younghi Pagh-Paan zusammen.
Seine Konzerttätigkeit führte ihn u.a. an Konzerthäuser wie die Elbphilharmonie, Berliner Philharmonie, Philharmonie Luxembourg, Kölner Philharmonie, Muziekgebouw aan ’t IJ und an die Festivals Biennale München, Achtbrücken Musik für Köln, Maerzmusik, Ultraschall Berlin, NOW! Essen, Holland Festival, Transart Festival Bozen, blurred edges Hamburg, Musikfest Berlin, Greatest Hits Hamburg, Rain Days Luxembourg, Kalv Festival sowie musica festival Strasbourg.
Sein Solorepertoire umfasst neue und neueste Werke für Soloperkussion, elektroakustische Kompositionen sowie Musiktheater. Er war Gründungsmitglied bei hand werk und ist Mitglied bei Ensemble New2Art, Castel Camerata und spielt im Duo mit der Violinistin Bettina Boller.
Jens Ruland ist Mitautor des Buchs „Die Spieltechnik des Schlagzeugs“, welches bei Bärenreiter erscheint. Er unterrichtet als Assistent der Schlagzeugklasse von Prof. Dierstein an der Hochschule für Musik Basel.
Robert Torche
Robert Torche, wohnhaft in Biel, ist ein freischaffender Sound Designer und Performer elektronischer Musik. Er ist Spezialist für die Entwicklung und Ausführung von Hardware und Software elektronischer Musikinstrumente.
Nachdem Robert sein Masterstudium in Audiodesign an der Musik-Akademie Basel 2013 abschloss, studierte er im Master für freie Improvisation bei Professor Fred Frith und Alfred Zimmerlin und spielt seitdem regelmäßig in verschiedenen kammermusikalischen Formationen.
Er ist Mitglied bei den Ensembles Inverspace, We Spoke und viceversa, sowie der frei improvisierenden Band UFO, mit denen er regelmäßig in der Schweiz und Europa auftritt.
Robert ist bekannt für seine Begeisterungsfähigkeit und seinen Einsatz für Sound Design und musikalische Informatik und transdiziplinäre Kontexte. Er arbeitet regelmäßig in Bereichen wie Musiktheater, Multimedia Installationen, zeitgenössische Musik, Film, Tanz und Theater.
Robert erhielt als vielversprechendster junger Musiker des Kantons Bern den Prix Coup de Coeur 2014. Ein Jahr später gewann er mit dem Projekt Ville Vache Cloche die Ausschreibung des Berner Wettbewerbs Rues des villes et Rues des champs. In Kollaboration mit dem Schlagzeuger Serge Vuille entstand eine interdisziplinäre Performance-Lecture, die eine visuelle und auditive Brücke zwischen London und dem Berner Jura schlägt. Im Jahr 2016 nahm er mit We Spoke als Ensemble in Residence und Biologen des Kollektivs Hackuarium am internationalen Festival für zeitgenössische Musik in Darmstadt teil.
Antoine Chessex
Antoine Chessex (*1980 in Vevey, Schweiz), lebt gegenwärtig in Zürich und ist weltweit als Künstler tätig. Eine enge Zusammenarbeit verbindet ihn mit Künstlern wie Zbigniew Karkowski, Jérôme Noetinger, Valerio Tricoli, Dave Phillips und der Band Monno. Zu seinen jüngsten Kompositionen zählen: „Plastic Concrete“ und „Accumulation“ (im Auftrag von Apartment House in London), „DUST für Streichtrio und Elektronik“ (im Auftrag von Pro Helvetia), „Metakatharsis“ und „Damage is Done“ (im Auftrag von Phoenix Ensemble, Basel), „CHUTE“ (Im Auftrag von Kammerensemble Neue Musik, Berlin), „Schichten“ und „Ritournelle Fulgurante“ (im Auftrag von Oh-ton Ensemble, Oldenburg), „Furia“ (im Auftrag von Ensemble Werktag, Zürich), „Schazen“ (im Auftrag von Sonar String Quartez, Berlin), „Les Abîmes Hallucinés“ (im Auftrag von Ensemble Proton, Bern), „écho/cide“ (im Auftrag von Eklekto, Genf), „The Experience of Limit (für Tamriko Kordzaia), „Lose“ (im Auftrag von Ensemble Tzara, Zürich), “La Résonance des Ruines (für Ensemble ICTUS)” sowie zahlreiche elektronische Werke.